Goethe-Museum in neuem Glanz

Am 20. Juni wurde das Goethe-Museum in Frankfurt wieder eröffnet

von Lore Kämper

Vor genau 100 Jahren wurde das Museum neben Goethes Geburtshaus eingerichtet. Aus den verschachtelten Etagen ist nach vierjähriger Umbauphase jetzt eine lichte Galerie geworden. Insgesamt 1.000 Quadratmeter hat das Museum durch den Umbau neu hinzugewonnen.

Frankfurt am Main (pia) Während der Bauphase fiel man von einem Schreck in den anderen. Mit ein bißchen Modernisierung war es hier nicht mehr getan. Zwischendecken erwiesen sich als einsturzgefährdet und mußten neu gegossen werden, neue Treppen mußten her, von allen weiteren Sicherungs- und Verstärkungsmaßnahmen ganz zu schweigen. Bei allem blieb zudem zu berücksichtigen, daß das benachbarte Goethehaus nicht in seiner Statik gefährdet werden durfte.

Nach beinahe vierjähriger Umbau- und Renovierungsphase steht nun das erste große Ereignis im Hinblick auf Goethes 250. Geburtstag im Jahr 1999 heran: die Wiedereröffnung des Goethe-Museums. Wenn am 20.Juni das vom Freien Deutschen Hochstift getragene Institut im Beisein von Bundespräsident Roman Herzog und mit einem Festvortrag von Joachim Fest die Wiedereröffnung feiert, kann die Einrichtung zugleich an ihr hundertjähriges Bestehen erinnern: Sie wurde 1897 als „Galerie der Goethezeit" gegründet.

Licht, Helligkeit und Großzügigkeit dominieren nun in den einst recht verschachtelten Etagen des Hauses an der Ecke „Großer Hirschgraben"/"Am Salzhaus". Da aus Gründen der Statik das gesamte Treppenhaus erneuert werden mußte, hat Architekt Herbert von Wehrden zwischen Goethes Geburtshaus und das Museum einen funktionalen Verbindungstrakt eingepaßt, dessen gläserne Fassade über Sandstein ebenso sachlich-schlicht wie angenehm transparent wirkt und auf der später Hinweise auf Veranstaltungen angebracht werden sollen.

Zum wunderschönen Herzstück des Hauses ist der frühere Innenhof mit seinen rundum laufenden sandsteinernen Arkaden geworden. Noch immer vermittelt der zum geschlossenen Saal verwandelte Raum, in dem bis zu 250 Menschen Platz finden, eine Art „Atrium-Gefühl". Durch ein gläsernes Lichtband öffnet er den Blick nach oben auf die Innenseiten der Fassaden, an den nunmehr geschützten Wänden bietet sich Fläche für Wechselausstellungen. Hölzernen Brandschutzfenstern - etwas ganz Neues - sieht man ihre besondere Sicherheitsfunktion kaum an. Einen wesentlich großzügigeren Eindruck macht nun auch das früher etwas enge Eingangsfoyer, das Kasse, Verkaufsstand etc. aufnehmen wird. Eine hohe Glastür führt fast übergangslos in die „Buchhandlung am Goethehaus", und vom künftigen Café aus gehen Fenstertüren auf die Straße.

Geblieben ist der Rundgang durch die vierzehn ineinander übergehenden Ausstellungsräume verschiedener Größen, in die bald wieder die Bücher, Bilder und Büsten, darunter natürlich auch Goethes berühmte „Juno", einziehen werden. Mit Parkett und Paneelen in hellem Ahorn, mit ihren Wänden in vier Farben vom tiefen Rot über Blau und Grün bis zu elegantem Grau strahlen sie Wärme und Ruhe aus.

Kaum irgendwo sind technische Details zu sehen, weder Heizkörper noch Klima- oder Alarmanlagen, nicht einmal Lichtschalter. „Dabei steckt hier alles voller Technik", erklärt Ernst Dietrich Eckhardt, der Öffentlichkeitsreferent des Freien Deutschen Hochstifts. So regelt eine neuartige Temperieranlage die für Menschen wie für die empfindlichen Exponate zuträglichen Klimabedingungen. Automatische Beleuchtung suggeriert stets den Eindruck von gedämpftem Tageslicht. Unsichtbar verbunden mit den Aufhängevorrichtungen sichert eine Warnanlage jedes einzelne Bild extra. Bei unerlaubter Berührung gibt es zunächst Alarm, bei weitergehenden Absichten schließen sich automatisch die Türen des Hauses, so daß einem potentiellen Dieb der Fluchtweg versperrt ist.

Im ersten Stock des Museums ist ein hübscher kleiner Lichthof entstanden. Ebenso gibt es hier einen lichten Lesesaal, möbliert mit aufgearbeiteten Thonetstühlen und modernen Standleuchten sowie den alten Karteikästen und Bücherregalen. In der Wand neben dem Aufzug ist bewußt eine etwa ein Quadratmeter große unverputzte Fläche ausgespart, wo man die beim Nachkriegs-Wiederaufbau 1951-54 verwendeten, etwas ärmlichen und zusammengewürfelten Materialien erkennen kann.

Insgesamt 1.000 Quadratmeter hat das Museum durch den Umbau neu hinzugewonnen. Davon profitieren vor allem die Magazine im doppelstöckigen Keller. Endlose Reihen von blauen Rollschränken dürften auch für wachsende Bestände kommender Jahre noch ausreichen. Hier in den Tiefen stieß man beim Graben noch auf historische Bausubstanz des früheren „Haus zum grünen Laub", das eine alte Braustätte gewesen sein soll. Ebenfalls hier unten befindet sich die komplizierte, hochsensible „Brandfrühest-Warnanlage", die schon beim ersten geringsten Zeichen von Rauch in Aktion tritt.

Insgesamt 120.000 Bücher, 16.000 Grafiken, um die 120.000 Handschriften und rund 500 Gemälde umfaßt der Gesamtbestand des Goethe-Museums. Während der Bauphase waren die Bilder teils im Frankfurter Städel, teils im Kölner Wallraff-Richartz-Museum ausgelagert.

„Ein ganzes Bündel von Gründen", so Ernst Dietrich Eckhardt, machte den aufwendigen Umbau, dessen Kosten sich auf rund 24 Millionen Mark belaufen, notwendig. In erster Linie zählen dazu die erheblich strenger gewordenen Brandschutzauflagen, „mehr als bescheiden" waren die Arbeitsräume der Mitarbeiter, es gab keine Magazine, Bücher und Handschriften mußten in Durchgangspassagen aufbewahrt werden. Im zwar freundlichen, aber kleinen Seekatzsaal fanden nicht mehr als achtzig Leute Platz, so daß man keine größeren Veranstaltungen planen konnte. In die Finanzierung des Umbaus teilen sich der Bund, das Land Hessen und die Stadt Frankfurt, das Freie Deutsche Hochstift trägt aus Spendenmitteln 1,5 Millionen Mark bei.

Nachdem seit Februar nun auch Goethes Geburtshaus an die Alarmanlage angeschlossen ist, seit dort das Treppenhaus renoviert und die astronomische Uhr von 1746 im zweiten Stock restauriert ist, sagt Museumsdirektor Christoph Perels aus tiefstem Herzen: „Ich bin glücklich, daß wir all die Anforderungen, vor die uns diese große Aufgabe gestellt hat, nun endlich erfüllt haben."

Weitere Infos beim Freien Deutschen Hochstift, Tel. 069/13880-246 oder 13880-0.